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    Lush boykottiert Social Media:
    ein (in)konsequenter Schritt

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    WEVENTURE 30/11/21

    Kosmetikhersteller Lush setzt ein Zeichen gegen „schädliche Algorithmen“ bei Facebook und Co. und stellt seine Social-Media-Aktivitäten (fast) komplett ein. Steckt dahinter nur ein Marketing-Coup? Und ist unser Autor, ein bekennender Lush-Hater, die richtige Wahl für diesen Artikel? (Spoiler: ja. Sagt unser Autor.)


    Was dich erwartet

    Dass ich gerade über Lush ein Stück schreiben würde, hätte ich mir vor kurzer Zeit auch noch nicht zu träumen gewagt. Oder besser: zu albträumen. Ich bin – gelinde gesagt – kein Fan der Brand und ihrer penetrant bis auf die Straße „duftenden“ Döschen. Gut für Lush, dass ich nicht die typische Buyer-Persona bin (meine elaborierte Beauty-Routine besteht aus Duschen) und in den Social Media in der Fliegengewicht-Klasse antrete. Und selbst wenn das anders wäre: Ich werde in den kommenden Zeilen nicht stinkig werden, versprochen.

    Vor einigen Tagen machte die Meldung die Runde, dass Lush praktisch all seine Social-Media-Aktivitäten einstellen würde. Leider ist mir persönlich die Meldung erst heute Morgen vor die Themenideeflinte gelaufen. Und weil ich reflexartig meine Kolleg:innen mit Links zur Geschichte zugebombt habe, war klar: Darüber möchte ich gerne schreiben. Aber worüber schreibt man jetzt genau?

    Über Lushs Rückzug von Instagram, Facebook, Snapchat und TikTok, der bereits am 26.11. begann? Betroffen sind nach Spiegel-Informationen weltweit 48 Märkte. Allein im DACH-Raum und nur auf Instagram verzichtet der britische Kosmetikhersteller auf die bunte Beschallung von rund 100.000 Follower:innen. Insgesamt kommen laut Guardian die Facebook- und Instagram-Konten von Lush auf fast 11 Millionen Follower:innen. Die schauen ab jetzt in die Röhre. Auf der deutschen und britischen Instagram-Seite wurde komplett Tabula rasa gemacht (bis auf die Botschaft „Sei woanders“ bzw. „Be somewhere else“), auf dem nordamerikanischen Pendant kann man zumindest noch alte Posts bewundern.

    So sieht es mittlerweile auf dem Profil von Lush Deutschland aus

    Oder schreibt man über den augenscheinlich guten Grund? Dass man nicht länger gewillt sei, seine Produkte in einem Ambiente feilzubieten, das den Zuschauer:innen mental nicht guttun würde.

    Lush will Kund:innen vor Gefahr schützen

    Fast schon pathetisch klingt es, wenn Lushs Co-Founder and CEO Mark Constantine rausposaunt: „Ich verbrachte mein ganzes Leben damit, schädliche Inhaltsstoffe in meinen Produkten zu vermeiden. Nun gibt es überwältigende Hinweise darauf, dass wir durch die Nutzung sozialer Medien gefährdet sind. Ich bin nicht bereit, meine Kund:innen diesem Schaden auszusetzen. Also raus damit.“

    Und trotz allem Pathos gehe ich mit Constantines Worten in Resonanz. Denn wie oft habe ich mich schon um den Schlaf gebracht, weil ich mir – echt nur noch fünf Minuten!!! – viel zu glückliche, viel zu weit gereiste und viel zu erfolgreiche Menschen angeschaut habe. Und zack war ich nicht im Schlummerland, sondern irgendwo zwischen FOMO und fucking Missgunst angekommen.

    Darum boykottiert Lush die sozialen Medien

    Der Aufhänger für ihren Social-Media-Boykott ist wahrlich kein neuer. Schon lange vor der Netflix-Doku „The Social Dilemma“ war zu lesen, dass soziale Medien äußerst asozial auf uns einwirken können. Etwa was Fake-News oder die Anpreisung und unaufhaltsame Verbreitung ungesunder Körperbilder betrifft. Die jüngsten Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen scheinen in den Augen der Lush-Verantwortlichen das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben.

    „Die aktuellen Informationen von mutigen Whistleblower:innen haben neue Argumente in unsere Überlegungen eingebracht. Sie zeigen klar auf, welchen Schädigungen Nutzer:innen durch aktuelle Algorithmen und nachlässige Regulierung dieses neuen Lebensbereichs ausgesetzt sind“, heißt es in einer offiziellen Pressemitteilung von Lush.

    Und weiter: „Mobbing, Fake-News, Extremismus, die Angst, etwas zu verpassen (FOMO) oder manipulative Algorithmen können zu Depressionen, Angststörungen und steigenden Selbstmordraten vor allem unter jugendlichen User:innen führen.“

    Übrigens ist es nicht Lushs erster Social-Media-Ausreißversuch. Bereits anno 2019, unzufrieden mit sich ständig ändernden Algorithmen bei Instagram und Facebook, hatte man den Hut genommen, kehrte aber wegen der ökonomisch zehrenden Corona-Krise zurück.

    Das fordert Lush von Meta und Co.

    Gegenüber dem Spiegel fordert Lush-CEO Constantine, dass die Tech-Firmen aufhören sollten, sich nur auf Engagement-Steigerungen, Klicks und Shares zu fokussieren. Die Tech-Firmen sollten sich zudem eingestehen, dass sie Nutzer:innen in inhaltliche Nischen locken, die nicht gesund für sie seien – und mit diesem Brauch brechen.

    Eine Rückkehr zu Facebook und Co. sei erst dann denkbar, wenn die Tech-Firmen auf die Enthüllungen von Frances Haugen adäquat reagieren würden. Zum Beispiel, indem man die Gesundheit der Menschen über die Anzahl der Likes stellen und keine schädlichen Inhalte mehr pushen würde. Konkret wünsche sich Constantine neue Funktionen, die „fesselnde Algorithmen eindämmen“ könnten.

    Alles nur Show?

    Natürlich kann es niemals kein Marketing-Stunt sein, wenn man vollmundig verkündet, ab jetzt auf Social-Media-Marketing zu verzichten. Doch bei allem Argwohn (und bei Lush möchte das Texterherz schreiben, dass die Aktion schon ein bisschen zum Himmel stinkt) muss ich zugeben:

    Der Rückzug ist ein mutiger Schritt. Denn wenn die PR-relevanten Showeffekte erst einmal verpufft sind, bleibt für Lush nur die bittere Pille übrig, auf viele Millionen Follower:innen zu verzichten. Das kostenlose Anpreisen neuer Produkte, Aktionen etc. über organische Posts ist hiermit Geschichte. Schon jetzt rechnet Constantine mit geschätzten 13,3 Millionen US-Dollar, die sein Unternehmen durch den Social-Media-Rückzug verlieren könnte. Wenn man das Ganze also als Show betiteln möchte, dann als kostspielige, mit der sich Lush ins eigene Fleisch schneidet. Natürlich wird man sich von der Aktion erhoffen, dass andere Firmen, am besten noch aus ähnlichen Branchen, nachziehen werden. Lush alleine – und da reicht es nicht, dass auch Patagonia aus ethischen Gründen seit 2020 keine Paid-Advertising-Kampagnen mehr fährt – wird die Social-Media-Welt nicht ändern können.

    Ein gewisses Geschmäckle hat die Entscheidung von Lush, nicht auch YouTube den Stecker zu ziehen. Schließlich schreibt Lush in seiner PM selbst: „Wir bevorzugen Plattformen, die keine Algorithmen verwenden, welche die Nutzer:innen mit negativen Inhalten, Desinformation oder extremen Standpunkten ködern, um ihr Engagement, ihre Klicks und Shares zu steigern.“ Wenn man Facebook für schädliche Algorithmen abstrafen möchte, dann muss man das auch bei YouTube tun. Erst im Juli 2021 hat eine Studie von Mozilla aufgezeigt, „welche verheerenden Auswirkungen der Empfehlungsalgorithmus der Plattform auf seine Nutzer:innen hat“, wie Netzpolitik.org schreibt. Die Studie ergab: Der YouTube-Algorithmus verletzt häufig nicht nur eigene Richtlinien, sondern spielt zudem „verstörende und hasserfüllte“ Videos besonders oft an nicht-englischsprachige Nutzer:innen aus. Ergo muss sich Lush den Vorwurf gefallen lassen, hier nicht wirklich konsequent zu handeln.


    Fazit

    Lushs Entscheidung, auf viele Millionen Follower:innen zu verzichten (und damit auch das kostenlose Anpreisen neuer Produkte und Aktionen über organische Posts), ist mutig. Gleichzeitig wirkt es ein wenig inkonsequent, YouTube die Treue zu halten, wenn man doch einen Feldzug gegen „schädliche Algorithmen“ führt. In jedem Fall haben sie mit ihrer Aktion den Diskurs hin zu einem gesünderen Miteinander in den sozialen Medien bereichert. Dessen Ausgang werden und sollen am Ende die User:innen und Stakeholder:innen entscheiden.

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